Ausblicke von Szigliget: das markante Vulkanland nördlich des Balatons
Von Michael Hahl
Burgruine Sziliget auf dem markanten Ersoionsrest eines Jahrmillionen alten, durch Erosion heraus präparierten Maar-Vulkans in der Bakony-Balaton-Gebirgseinheit nördlich des Balatons in Westungarn
Die Landschaftscharakteristik des westungarischen Balaton-Oberlands wird von eindrucksvollen Vulkanrelikten dominiert. Dazu gehört auch die heraus erodierte magmatische Füllung bei Szigliget, seit rund 800 Jahren von einem beachtlichen Burgkomplex bestanden, wenngleich nur als Burgruine erhalten. Der Rundblick von der Burghöhe ist großartig. Nicht nur der Balaton, auch die "Vulkanhärtlinge" der Umgebung schaffen eine erstaunliche Landschaftsästhetik.
Geologisch betrachtet kam es bei Szigliget vor ca. 3-4 Millionen Jahren
zu einem der hier typischen phreatomagmatischen Ausbrüche. Was im System
der "Wissenschaften" meist komplizierte Namen erhält, ist im Grunde
ganz einfach: Unter "phreatomagmatisch" ist der Kontakt aufsteigender
magmatischer Schmelzen mit Grundwasser oder auch Oberflächenwasser zu
verstehen. Hierdurch kommt es zu gewaltigen Wasserdampfexplosionen, die
riesige Explosionstrichter ins Gestein hineinschießen können.
Solche
Trichter kennen wir auch als Maare, beispielsweise in der Eifel. Daran
angelehnt wird diese Variation vulkanischer Aktivität meist als
Maarvulkanismus bezeichnet.
Genau das spielte sich also auch im
heutigen Bakony-Balaton-Komplex - Teilraum des Transdanubischen
Mittelgebirges - mit dem Balaton-Oberland ab: Aus einem riesigen
Vulkanfeld gingen überwiegend basaltische Magmenaufstiege hervor. Sobald
es zum Kontakt mit Grundwasser - oder auch Seewasser - kam, explodierte
dieses Gemisch und es entstanden trichterförmige Krater, die sich nach
und nach mit Wasser füllten.
Ausblicke in die Vulkanlandschaft rund um Burg Szigliket
Eine Besonderheit dabei ist, dass
sich das Gebiet, welches wir heute als Transdanubisches Gebirge
ansprechen, in diesem Zeitraum vor etwa 4 Millionen Jahren allmählich
tektonisch emporhob. Zur Zeit der explosiven Ausbrüche unter anderem bei
Szikliget war das heutige Balaton-Oberland etwa der südöstliche
Randbereich dieser Landmasse, die aus dem damals noch großflächigen
Pannonischen See heraus ragte. Das bedeutet, dass die meisten dieser
"Maarvulkane" unter Wasser explodiert sein dürften.
Vereinzelt
zeugen auch so genannte "Kissen-Laven" von subaquatischen Ausbrüchen,
denn deren spezielle Formen entstehen explizit unter Wasser.
Nun
"müssen" wir unterscheiden, wie die Landschaft damals, zur Zeit dieser
Vulkanausbrüche ausgesehen haben dürfte, und wie sich die Landoberfläche
bis heute weiterentwickelt hat. Man spricht von Paläogeographie, damit
sind die früheren geographischen Verhältnisse gemeint.
Aus dem
bisher Gesagten wird klar, dass in der hier betrachteten Region vor
einigen Jahrmillionen eine hochexplosive vulkanische Aktivität
aufgekommen war. Das dafür verantwortliche Vulkanfeld war ausgesprochen
großflächig, genau genommen erstreckt es sich unterirdisch noch weit
über den heutigen Bakony-Balaton-Komplex hinaus. Durch den
Magma-Wasser-Kontakt wurden im Lauf mehrerer Jahrmillionen
trichterförmige, teils riesige Krater in die damalige Landoberfläche
hineingeschossen, die nach und nach mit basaltischem Magma verfüllt
wurden.
Aus einigen dieser Explosionstrichter dürfte auch Lava
ausgeflossen sein, was sich unter anderem anhand von Fließtexturen und
auch mit der genannten "Pillow-Lava" rekonstruieren lässt.
Im
Lauf der nachfolgenden Jahrmillionen wirkten tektonische Hebungen und
Absenkungen großer Bruchschollen und veränderten das Landschaftsbild.
Manche Teilräume senkten sich ab und wurden immer mehr mit
See-Sedimenten (vor allem Ton) und danach mit eiszeitlichen und
nacheiszeitichen Ablagerungen überdeckt (u.a. Schotter großer Abflüsse
und Megafluten sowie Löss, der vom Wind eingeweht wurde). Andere
Bereiche, wie das Transdanubische Gebirge, wurden tektonisch empor
gehoben.
Parallel wirkte die Erosion und griff insbesondere
diehenigen Landpartien an, die sich allmählich heraushoben. Auch die
einstigen Oberflächenformen der alten Maarvulkane wurden erosiv
weitgehend abgetragen; zurück blieben stattdessen die
wiederstandsfähigen magmatischen Füllungen der früheren
Explosionstrichter sowie einige Reste von Lavadecken. Das Relief aus dem
Zeitabschnitt der vulkanischen Tätigkeit wurde auf diese Weise
gewissermaßen umgekehrt: aus tiefen Kratern wurden markante Felsen und
Bergkuppen.
Wiederum andere heraus exponierte Formen werden als Relikte der Lavaströme verstanden, die ihrerseits noch vereinzelt als Erosionsreste erhalten sind, wie etwa am Badacsony, wo gemäß Forschungsstand offenbar mächtige Lavadecken über einen bereits früher angelegten Maarvulkan fließen konnten.
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